25 Jahre her
Sonntag. Ich werde um kurz nach 7 wach und beschließe mich mit Kaffee und Frühstück zum Bloggen hinzusetzen. Ich suche mir einen neuen Podcast raus. Jüdisches Leben in der DDR. Ich mag Marion Brasch. Im Elternhaus, Familie und Schule habe ich nie etwas über die DDR gelernt. Ich bin im Rheinland aufgewachsen, man hört es beim Sprechen aber nicht. Obwohl meine Eltern ein Eifeler Platt sprechen konnten, hat nichts auf mich abgefärbt. Ergo ein bisschen Bildung bei Kaffee mit Hafermilchschaum, Orangenspalten, Vollkornbrötchen mit Käse und Marmelade. Die Kids stehen auf und setzen sich zu mir an den Tisch. Wir frühstücken zusammen.
Als ich heute wach wurde, dachte ich, dass ich meine alte Arbeitsstelle kein bisschen vermisse. Weder meine Abteilung noch meine Kolleginnen (bis auf zwei) fehlen mir. Es gibt nur ein leises Bedauern, dass ich nicht schon früher gewechselt bin. Diese Woche beginnt etwas in mir drin zu heilen. Es wurde Zeit für den Wechsel.
Nach dem Frühstück schreibe ich den Blogtext von heute und beginne diesen.
Vormittags frage ich K wieder in Nawi ab, wir üben den Skelettaufbau.
Mittags koche ich einen mexikanischen Auflauf. Lecker.
Nach dem Wäsche aufhängen gehe ich spazieren. Ich komme beim Bäcker vorbei und hole was Süßes für den Nachmittag und Brötchen für morgen früh. Dabei sehe ich Stolpersteine einer Familie und lese im Internet über deren Schicksal nach.
Die Sonne erhellt die Wolken ein wenig, nach ca einer Stunde bin ich wieder zu Hause.
Gegen 15.30 erhalte ich eine Mail des Klassenlehrers von K, wie der Unterricht morgen abläuft. Leider keine Informationen über den Aufbau der Röhrenknochen.
Die Kids und ich essen Donuts und selbst gebackenen Erdnusskekse. Anschließend setze ich mich mit leisem Fluchen in mein „Büro“. Ich fülle ein Formular aus, schreibe zwei Briefe und drucke Marken aus. Ich versuche vergeblich online ein Formular zum Ausdrucken zu finden. Also schreibe ich dazu eine Emailanfrage.
Beim Lesen in meinem Feedreader bei Herrn Buddenbohm erinnere ich mich an mein Knicken und Verpacken als Schülerpraktikantin und Auszubildende. Im Schülerpraktikum der 9. Klasse verbrachte ich 1 Woche im Büro und 1 Woche in der Werkhalle eines Unternehmens. Es wurde was mit Platinen produziert, ich erinnere mich nicht mehr genau. Im Büro war kürzlich Word neu als Software eingeführt worden. Die Praktikantin bekam den „alten“ Rechner mit grünem Monitor. Ich druckte hauptsächlich Briefe aus, faltete diese, steckte sie in den Umschlag und brachte diese zur Poststelle. Mein Vater hatte aus eigenem Interesse bereits vor geraumer Zeit einen PC angeschafft und ich hatte mir ein paar Tastaturkürzel und Kniffe zum Formatieren abgeguckt. Einige wenige Male konnte ich den Bürodamen bei Word helfen. Das waren die Highlights der 1. Woche. Im Löten war ich sehr schlecht und mir wurde immer schlecht von den Dämpfen der Lötkolben. Die Highlights der zweiten Woche waren die Pausen, in denen ich mit einem anderen Praktikanten Karten spielte.
In der Ausbildung lernte ich Kalender verpacken quasi im Akkord. Jedes Jahr zu Weihnachten verschickte das Unternehmen Hunderte Kalender an die Stammkunden mit Firmeneindruck. So lernte ich die Fertigkeit des schnellen Geschenkeverpackens in vielen Stunden allein im Keller, am Packtisch stehend zusammen mit einer riesigen Geschenkpapierrolle. Ich kann bis heute eckige Dinge fix in kurzer Zeit nett verpacken. Im Packraum hing auch eine Paketwaage. Die Kalender wurden einzeln in Versandtaschen verpackt, mit vorgedruckten Adressaufklebern versehen und vorfrankiert. Ich meine, es wurden Briefmarken aufgeklebt. Anschließend wurden sie in gelben Postkisten vorsortiert. Mit einem Kollegen fuhr ich im Firmenwagen zur Post. Einmal gaben wir die letzten Kisten am 23.12. um kurz vor Postschließung ab, yeah geschafft, Auftrag erledigt.
Eine Azubi-Aufgabe war es ebenfalls die Bestellungen per Fax abzuschicken. Dabei war es stets nötig die Faxnummern anhand der Herstellerkataloge und des Telefonbuches immer wieder auf Aktualität zu prüfen. Außerdem musste ich die Sendungsberichte kontrollieren, ob alles durchgegangen ist. Kundenbestellungen beim Großhändler konnten einmal am Tag telefonisch in einem festgelegten Zeitfenster getätigt werden.
Heute arbeiten wir mit einem Warenwirtschaftssystem, Office365, Intranet. Bestellungen und Briefe werden ausschließlich elektronisch versendet. Die Antworten kommen elektronisch. Wir haben eine Kopierer, der sowohl Drucken, Faxen als auch Mails versenden kann. Als zusätzliche Arbeitsgeräte nutzen wir Tablets um flexibel Kundenberatungen zu machen. Und solange ist das alles nun auch noch nicht her. 25 Jahre ungefähr.