28.7.2024 an einem Tag einmal herum
Schauerliches Wetter weckt mich in Berlin, Starkregen pladdert herunter und gegen die Fenster. Ich gieße um 5.30 Uhr die Pflanzen auf der Fensterbank des Balkons. Es windet durch die gekippten Fenster der Wohnung. Früh müssen wir aufstehen, der Zug fährt 1 Stunde früher und damit länger wegen Bauarbeiten.
Pünktlich fahren wir los. Wir sitzen im vollen ICE Richtung Bayern.
Leute von reservierten Plätzen hochscheuchen mache ich ungern und versuche dabei stoische Ruhe auszusenden ungeachtet des theatralisch seufzenden Mannes. Eine unglaublich jung aussehende Zugbegleiterin kontrolliert die Fahrkarten. Sie spricht mit leiser Piepsstimme und traut sich nicht die Schlafenden zu wecken.
In den Tunneln knackt es mir im Ohr, die Luft ist sehr kühl, zum Glück funktioniert die Klimaanlage bei der Menge Fahrgäste. Die Kids bearbeiten ihre elektronischen Geräte, ich lese ein leider sehr vorhersehbares Buch.
Gesehene Tiere durchs Zugfenster: Ziegen, Kühe, Reiher, Krähen, Rehe, Feldhase.
Außerdem ein Sonnenblumenfeld mit mir zugewandten Köpfen, ein lila Kohlfeld sowie etliche mit Solaranlagen. Jede Menge Swifties fahren im Regio Richtung München zum Konzert, wie ich im Internet nachlese. Etliche ohne Ticket werden auf den Wiesen nebendran sitzen und die Musik hören. Sie tragen und basteln Armbänder im Zug. Wir sitzen auf Klappsitzen im Gang. Bunte Herzchen Sonnenbrillen mit selbst gebastelter Perlendeko sehe ich, Cowboystiefel, die Stimmung ist gelöst und voller Vorfreude.
Dann werden die Kids an ihrem 14tägigen Urlaubsparadies am Bahnhof abgeholt. Mit 15 Minuten Verspätung bei viermaligem Umsteigen. Ich fahre weiter Richtung München. „Unsere Weiterfahrt verzögert sich aufgrund eines entgegen kommenden Zuges.“ Pause. „Nee doch nicht.“ Milde Erheiterung im Waggon. Mein Deutschlandticket wird anstandslos gescannt. Ich nicke immer wieder über meinem zweiten Buch ein. Dann steigen alle aus. Nur 5 Minuten Verspätung. Es ist irre voll im Bahnhof mit Urlaubsreisenden und noch etlichen Swifties. Seltsamerweise freue ich mich sehr in München zu sein, obwohl ich zwischen Koffern, Fahrrädern und Menschen nur langsam durch komme. Ich hatte vergessen wie lang die Bahnsteige hier sind. Der Anschluss ICE steht schon am Gleis und ich suche mir den schönsten Platz aus, denn:
„Unser Zug fährt heute als Ersatzzug ohne Sitzplatzreservierungen.“ Nun, ich habe mit Glück gegen einen Miniaufpreis ein 1. Klasse Ticket gekauft. Habe es nun gemütlich und es ist warm. Das leckere Brötchen aus der Brotzeit- Tüte ist verzehrt, angenehme Gemütlichkeit macht sich breit. Ich freue mich schon auf Leipzig. Ich bin an einem Tag einmal herum durch Deutschland mit dem Zug. Später gibt es Tee am Platz und ich schreibe den Text hier schon mal vor.
Draußen leuchtet der Sommer in grün, blau, mit gelben Stoppelfeldern. Hopfen rankt hoch.
Ich fahre durch Fischbach, nur kurz sehe ich das Ortsschild. Das Hörbuch Honigmann spielt auch in einem Ort namens Fischbach. Gleich mal weiter hören.
Zwischen Bamberg und Erfurt jagt ein Tunnel den nächsten. Die Hälfte der Nadelwälder an den Berghängen sieht leider tot also braun und kahl aus.
Pünktlich erreicht der letzte Zug für heute sein Ziel Leipzig. Auch hier gefühlt 1 km Bahnsteig zu laufen. Ich lege im Hotel kurz die Sachen ab und mache dann noch einen ausgedehnten Spaziergang. Ich brauche Bewegung. Es ist angenehm leer in der Altstadt. Im Schatten der Thomaskirche esse ich einen leckeren Salat, bevor ich mich auf den Weg ins Hotelzimmer mache. Zum leisen Rumpeln der Straßenbahn schlafe ich ein.