Flüstern, Kribbeln, Nieseln
09.11.2023
Morgens früh im Bus auf dem Weg zur Vorsorge das Buch The isles of the gods von Amie Kaufmann gelesen. Bei der Vorsorge war alles schick. Einzig betrüblich ist, dass die Ärztin nächsten Monat die Praxis wechselt. Das scheint in Berlin üblich zu sein in den Policum-Zentren. In die Praxis kommt im Februar nächstes Jahr ein neuer Arzt, zum Glück übernimmt der die Bestandspatientinnen. Die neue Praxis ist mir leider zu weit weg. Sonst würde ich wechseln, dort sollen 2 Ärztinnen zur Verfügung stehen. Die Arzthelferinnen berichteten sich untereinander von steigenden Covidinfektionen, Masken wurden an und wieder ausgezogen, wie ungewohnt das doch wieder ist. Mit meiner Resterkältung saß ich unter einer FFP2 Maske im Wartezimmer. Die Ärztin klagte über Erschöpfung, das Durchschleusen von Patientenmassen durch die Praxis, während sie durch eine Tür ein Praxiszimmer betritt und aus einer anderen Tür wieder herauskommt. Flüsternd verschwanden die Helferinnen und die Ärztin in einem Raum. Eine Tür knallte, es herrschte Durchzug. So viel Symbolik liegt in ihrem durch die Zimmer Eilen. Es wirkt im Nachhinein auf mich, als würde sie von der beklagten Erschöpfung durch die Räume getrieben. Sie lobte mich nach den Untersuchungen als einfache, gut eingestellte Patientin.
Auf dem Rückweg kurz im DM einkaufen gewesen. Die Kassierin hat müde ausgesehen. Mit dem Bus nach Hause gefahren. Fühle mich dabei zu unruhig zum Lesen, denn mittags habe ich einen weiteren Termin. Zuhause beginne ich eine Geburtstagskarte und lege sie wieder weg. Mir fällt nichts ein. Dann meinen Rucksack ausgeräumt, neugepackt. Ich lege mich auf meine Yogamatte und fühle, wie die Anspannung in meinen Gliedmaßen kribbelt. Ich starte ein Hörbuch mit progressiver Muskelentspannung. Anschließend mache ich einige Übungen für Nacken und Rücken. Danach fühle ich mich deutlich besser. Nun sitzt eine kleine Aufregung gemischt mit Vorfreude in meinem Magen. Der Termin ist kurz aufregend und ich sehe zu meiner Freude 1, 2 bekannte Gesichter. Ich frage einiges und werde einiges zur Planung für nächstes Jahr gefragt. Eine Änderung, die mir gut tun wird, steht an.
Das Wetter trübt sich im Laufe des Tages ein, es nieselt und ist kalt. Zu Hause angekommen, esse ich Reste von gestern Gnocchi mit Hackbällchen in Tomatensoße. Ein Stück Ministollen als Nachtisch. Danach schreibe ich die Karte zu Ende. Frankiere sie und bringe sie gleich zum Briefkasten. Auf dem Weg dahin treffe ich G vor der Haustür, der Schultag ist vorbei. Bei der benachbarten Grundschule werden die Kinder zum Schulbus gebracht, der vorne an der Hauptstraße hält. Die Erzieherinnen halten Tablets in den Händen. Scheinbar sind die Anwesenheitslisten der Kinder darauf. Es ist eine Containerschule mit Kletterspinne auf dem Hof, die im Schnellverfahren letztes Jahr auf einer Baubrache errichtet wurde. Dorthin wurden Klassen einer Schule aus dem Nachbarstadtteil aus Platzgründen ausgelagert. Täglich kommen 2 Schulbusse. Einige wenige Kinder werden von den Eltern gebracht.
Es nieselt und die Wolken hängen tief. Ich mache ein paar herbstlich trübe Fotos. Angemessen denke ich dabei. Später sehe ich auf meinem Handy nur Fotos von bunten oder entlaubten Bäumen vor blauem Wolkenhimmel, im goldenen Abendlicht oder in braunem Regentrüb.
Am Mittwoch bringe ich K nachmittags zum Friseur. Meine eigene Frisur muss warten, bis der Husten weg ist. Auf dem Rückweg macht er mich auf einen Stolperstein aufmerksam. Es ist die Zeit der Stolpersteine. Ich bin stolz, das K ihn gesehen hat. Wir halten inne und schauen uns den Stein an. Dann bedanke ich mich bei ihm. Trotz allem bin ich froh, dass K wenig von der aktuellen Nachrichtenlage mitbekommt.
Donnerstag Nachmittag machen die Kids noch was für die Schule, ich schiebe einen Marmorkuchen in den Ofen. Der wird lecker und fluffig. Wir erledigen noch die Wäsche zusammen und essen Abendbrot. Es gibt Reste von Ofengemüse, Hackbällchen, Ei, Gemüseteller. Ein voller Tag merke ich im Nachhinein. Morgen ruhe ich mich wieder aus.